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Die allgemeine Stimmungslage bei uns in Deutschland ist oft in sich widersprüchlich. Ich nehme das zum Beispiel beim Osterfest wahr, das wir in diesem Jahr Ende März feiern werden.
Auf der einen Seite ziehen die vielen schrecklichen Bilder aus den Kriegs- und Krisengebieten, die uns tagtäglich über Internet und Fernsehen erreichen, unsere Stimmung nach unten. Manche Konflikte haben sogar unmittelbare Auswirkungen auf die Wirtschaft in unserem Land. Nicht wenige Menschen machen sich deshalb Sorgen um die Zukunft. Wenn aber auf der anderen Seite ein Tag im Jahr als stiller Feiertag für diese sorgenvollen und schmerzhaften Aspekte des Lebens reserviert ist, dann ist das für viele nicht mehr erträglich. Stattdessen wird jedes Jahr öffentlichkeitswirksam darüber diskutiert, ob das Tanzverbot an Karfreitag nicht aus der Zeit gefallen sei.
Oder zum Thema Ostern: Viele Sicherheiten und Hoffnungen, an denen wir unser Leben fest gemacht hatten, sind in den letzten Jahren durch Corona-Pandemie und Ukraine-Krieg zerbrochen. Nicht wenige Menschen fragen sich: Woher können neuer Mut und neue Zuversicht kommen? Wenn aber an einem Tag im Jahr von der Hoffnung die Sprache ist, dass Jesus den Tod überwunden hat uns stärker ist als alle Dunkelheiten dieser Welt, dann winken die meisten Menschen desinteressiert ab. Sie geben sich lieber mit seichten Frühlingsgefühlen oder oberflächlichen Hoffnungen zufrieden. Das Osterfrühstück mit der Familie oder die Ostereisuche bei Oma und Opa sind wichtiger als die Osterbotschaft, die ihr Leben wirklich verändern könnte.
Jesus sagt: "Wer sich selbst erhöht, der wird erniedrigt werden; und wer sich selbst erniedrigt, der wird erhöht werden." (Matthäus 23,12) - Jesus selbst hat gemäß seiner eigenen Worte gelebt und gehandelt. Er ist dem Leidensweg, der ihm vorgezeichnet war, nicht ausgewichen, sondern ist ihn konsequent bis zum Ende gegangen. Deshalb, so heißt es im Philipperbrief "hat ihn auch Gott erhöht und ihm den Namen gegeben, der über alle Namen ist."
Wahre Größe enthält deshalb immer auch ein Moment der Demut und der Erniedrigung. Was das für unser Leben und unseren Glauben bedeutet, das ist in den beiden Predigten zu Karfreitag und Ostersonntag 2024 unter den Stichworten "Erniedrigung" und "Erhöhung" ausgeführt.
Du hältst den Lauf der Weltgeschichte in Deinen Händen.
Zerbreche den Bogen der Starken, die Hass und Gewalt verbreiten. Stürze die Mächtigen vom Thron, die Unschuldige verfolgen. Stopfe den Spöttern den Mund, die freche Reden führen. Bringe zum Schweigen, die die Wahrheit verdrehen.
Höre die Gebete der Erniedrigten, die zu Dir rufen. Richte auf die Gedemütigten, die von anderen in den Staub gestoßen wurden. Erbarme Dich der Schwachen, die Unrecht leiden. Stärke die Armen, die von anderen um ihre Lebensgrundlage betrogen wurden.
Du hast Deinen Sohn von den Toten auferweckt. Richte Dein Reich unter uns auf. Rufe auch uns in ein neues Leben hinein.
Was das Abendmahl ist, das lässt sich mit vielen verschiedenen Begriffen und Bildern beschreiben. Ein wichtiges Stichwort ist: die „Befreiung“. Das wird vor allem dann deutlich, wenn wir uns – so wie heute Abend – bewusst machen, dass das Abendmahl ursprünglich auf das jüdische Passahfest zurückgeht.
Wovon oder woraus das Volk Israel damals befreit wurde, ist offensichtlich: aus der Sklaverei in Ägypten. Aber woraus werden wir befreit, wenn wir das Abendmahl feiern? Wovon will Jesus uns frei machen, wenn wir an ihn glauben? – Die theologisch korrekte Antwort lautet: „aus Schuld und Sünde“. Das kommt auch in den „Einsetzungsworten“ zum Ausdruck: „Dieser Kelch ist der neue Bund in meinem Blut, das vergossen wird zur Vergebung der Sünden.“ (1. Korinther 11,25 und Matthäus 26,28). Aber was bedeutet das konkret? Wie zeigt sich das in unserer Lebenswirklichkeit?
Als Jesus sichtbar auf dieser Erde gelebt hat, hat er viele Menschen aus ganz unterschiedlichen Gefangenschaften befreit, zum Beispiel:
Bartimäus: von der Gefangenschaft in seine Krankheit/Blindheit (Markus 10,46-52)
Den „Gelähmten“: aus der Gefangenschaft seiner Schuld. Jesus hat ihn zwar auch körperlich geheilt, aber zunächst hat er ihm die Vergebung seiner Sünden zugesprochen: „Mein Sohn, deine Sünden sind dir vergeben.“ (Markus 2,1-12)
Zachäus: aus der Gefangenschaft der sozialen Isolation. Er war zwar reich, aber aufgrund seiner betrügerischen Tätigkeit als Zöllner aus der Gemeinschaft ausgeschlossen. Jesus brachte ihn zurück in das Volk und die „Familie“ Gottes, wodurch er die Kraft bekam, seine betrügerischen Tätigkeiten aufzugeben und Schaden wiedergutzumachen. (Lukas 19,1-10)
Lazarus: aus der Gefangenschaft des Todes. Obwohl Lazarus, ein Freund von Jesus, schon drei Tage lang tot war, rief Jesus ihn ins Leben zurück. (Johannes 11,1-45)
Petrus: aus der Gefangenschaft der Menschenfurcht. Kurz nach dem Abendmahl hatte Petrus dreimal vehement abgestritten Jesus zu kennen – aus Angst, selbst verhaftet und hingerichtet zu werden. Jesus nahm ihn trotzdem wieder als seinen Jünger an. Durch diese bittere Erfahrung und die Enttäuschung über sich selbst wurde er vorbereitet dafür, später im Glauben standhaft zu bleiben und nicht mehr aus Menschenfurcht einzuknicken. (Lukas 22,54-62 und Johannes 21,15-19)
Aus welcher Gefangenschaft möchtest Du gerne befreit werden? Wo fühlen Sie sich unfrei und gefangen? Wie wäre es, wenn Sie diese Gefangenschaft Jesus im Gebet hinhalten und ihn um Befreiung bitten? Ich bin mir sicher: Jesus wird sofort damit beginnen, an Ihrer Befreiung zu arbeiten!
Allerdings mache ich zwei Einschränkungen oder besser Präzisierungen: a) Nicht jede Gefangenschaft wird Jesus schon in diesem Leben beenden. Manche Krankheit zum Beispiel müssen wir weiter tragen. Aber Jesus kann uns trotz mancher Last eine tiefe Lebensfreude schenken. b) Die wenigsten Befreiungen geschehen von jetzt auf gleich. Die meisten Wege in die Freiheit sind langwierig und anstrengend. Der Weg in die Freiheit bedeutete für das Volk Israel damals eine 40jährige Zeit in der Wüste, in der Gott sein Volk Israel auf die neue Freiheit vorbereitete. Nicht wenige fanden das viel zu anstrengend und wünschten sich immer wieder sprichwörtlich an die Fleischtöpfe Ägyptens zurück. Wer sich aber auf den Weg der Befreiung einlässt, den Jesus mit uns gehen möchte, der wird erfahren: „Wenn euch nun der Sohn [= Jesus] frei macht, so seid ihr wirklich frei.“
Das dritte Gebot (der zehn Gebote) lautet in der Übertragung von Martin Luther: „Du sollst den Feiertag heiligen!“ Oder in der ausführlichen Version aus der Bibel: Sechs Tage sollst du arbeiten und alle deine Werke tun. Aber am siebenten Tag ist der Sabbat des Herrn, deines Gottes. Da sollst du keine Arbeit tun.“ – Wenn ich über das Sabbatgebot und die Sonntagsheiligung spreche, muss ich allerdings aus doppeltem Grund vorsichtig sein. Denn zum einen habe ich selbst einen Beruf, an dem ich oft sonntags arbeiten muss. Und zum anderen bin ich politischer Laie, habe also keinen genauen Einblick in die politischen Abläufe, wann Sitzungen stattfinden oder wie Entscheidungen getroffen werden. Meine Überlegungen sollen daher kein erhobener Zeigefinger sein, sondern zum Nachdenken anregen.
Von außen betrachtet drängt sich oft folgender Eindruck auf: Obwohl die Parlamente am Wochenende nicht tagen, finden dennoch viele wichtige Beratungen samstags und sonntags statt, zum Beispiel: Kabinettsklausuren, Ministerpräsidentenkonferenzen oder allgemein Krisengipfel. Gerade in politisch angespannten Zeiten wie der Corona-Pandemie oder nach dem Überfall Russlands auf die Ukraine, wurden viele wichtige Entscheidungen sonntags getroffen. Nicht selten wird ebenfalls viele Nächte lang durchverhandelt, so dass man sich von außen fragt: Wann schlafen Spitzenpolitiker eigentlich? Im politische Geschäft drängt sicher oft die Zeit. Aber viele Krisen-Entscheidungen der letzten Jahre waren seltsam unausgegoren und mussten nicht selten schon nach kurzer Zeit wieder korrigiert werden. Hängt das vielleicht auch damit zusammen, dass das politische Geschäft keine Pause und keine Sonntagsruhe mehr kennt?
Das hebräische Wort „Sabbat“ (oder „Schabbat“) hat folgende Wortbedeutung: unterbrechen, aufhören, ruhen. Schon im Wort selbst kommt also der Sinn der Sonntagsruhe zum Ausdruck. Wir sollen unsere gewohnte Routine, unseren normalen Arbeitsablauf an einem Tag in der Woche bewusst unterbrechen, um Zeit zu haben für etwas anderes: für uns selbst, für nicht zweckgebundene Beschäftigungen, für unsere Familie und nicht zuletzt für Gott.
Eine solche Sabbat-Pause hat einen doppelten Sinn oder Effekt. Zum einen bewirkt eine Pause an sich schon Abstand von einer Aufgabe oder einer Entscheidung. Mit etwas Abstand und Ruhe kommen wir auf neue Gedanken, können ein Problem noch einmal ganz anders angehen, kommen leichter zu einer guten Lösung, als wenn wir uns nur pausenlos mit einem Problem beschäftigen. Zum anderen erinnert uns die Sabbatruhe an einen ganz wichtigen Punkt: Es liegt nicht ausschließlich an unserer menschlichen Arbeit. Denn mit unseren menschlichen Anstrengungen und Problemlösungsstrategien allein ist es nicht getan. Es kommt entscheidend darauf an, dass Gott selbst seinen Segen auf unser Tun legt, dass er unser Leben und auch die öffentliche Ordnung erhält. Wenn er seine schützende Hand abzieht, sind wir verloren. Diese Demut täte sowohl der politischen Debatte als auch dem Klima in der Gesellschaft insgesamt gut. So heißt es im Buch der Sprüche: „Die Furcht des Herrn ist der Anfang der Erkenntnis.“ (Sprüche 1,8)
Sabbaticals oder Auszeiten vom stressigen (Berufs-)Alltag sind derzeit besonders unter Führungskräften häufiger im Gespräch. Solche längeren Auszeiten sind sicherlich gut und hilfreich. Ich bin aber überzeugt davon, dass gerade der regelmäßige, wöchentliche und für eine Gesellschaft einheitliche Ruhetag – also der Sonntag – sein eigenes Recht und seine eigene Kraft hat. Tragen Sie diese Gedanken gerne weiter – auch auf die höheren Ebenen ihrer Partei – und überlegen Sie gemeinsam, was im Politikbetrieb unbedingt sonntags stattfinden muss und was nicht. Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
(Geistliches Wort beim CDU-Kreisparteitag am 2.3.2024 in Ostbense)