Das dritte Gebot (der zehn Gebote) lautet in der Übertragung von Martin Luther: „Du sollst den Feiertag heiligen!“ Oder in der ausführlichen Version aus der Bibel: Sechs Tage sollst du arbeiten und alle deine Werke tun. Aber am siebenten Tag ist der Sabbat des Herrn, deines Gottes. Da sollst du keine Arbeit tun.“ – Wenn ich über das Sabbatgebot und die Sonntagsheiligung spreche, muss ich allerdings aus doppeltem Grund vorsichtig sein. Denn zum einen habe ich selbst einen Beruf, an dem ich oft sonntags arbeiten muss. Und zum anderen bin ich politischer Laie, habe also keinen genauen Einblick in die politischen Abläufe, wann Sitzungen stattfinden oder wie Entscheidungen getroffen werden. Meine Überlegungen sollen daher kein erhobener Zeigefinger sein, sondern zum Nachdenken anregen.
Von außen betrachtet drängt sich oft folgender Eindruck auf: Obwohl die Parlamente am Wochenende nicht tagen, finden dennoch viele wichtige Beratungen samstags und sonntags statt, zum Beispiel: Kabinettsklausuren, Ministerpräsidentenkonferenzen oder allgemein Krisengipfel. Gerade in politisch angespannten Zeiten wie der Corona-Pandemie oder nach dem Überfall Russlands auf die Ukraine, wurden viele wichtige Entscheidungen sonntags getroffen. Nicht selten wird ebenfalls viele Nächte lang durchverhandelt, so dass man sich von außen fragt: Wann schlafen Spitzenpolitiker eigentlich? Im politische Geschäft drängt sicher oft die Zeit. Aber viele Krisen-Entscheidungen der letzten Jahre waren seltsam unausgegoren und mussten nicht selten schon nach kurzer Zeit wieder korrigiert werden. Hängt das vielleicht auch damit zusammen, dass das politische Geschäft keine Pause und keine Sonntagsruhe mehr kennt?
Das hebräische Wort „Sabbat“ (oder „Schabbat“) hat folgende Wortbedeutung: unterbrechen, aufhören, ruhen. Schon im Wort selbst kommt also der Sinn der Sonntagsruhe zum Ausdruck. Wir sollen unsere gewohnte Routine, unseren normalen Arbeitsablauf an einem Tag in der Woche bewusst unterbrechen, um Zeit zu haben für etwas anderes: für uns selbst, für nicht zweckgebundene Beschäftigungen, für unsere Familie und nicht zuletzt für Gott.
Eine solche Sabbat-Pause hat einen doppelten Sinn oder Effekt. Zum einen bewirkt eine Pause an sich schon Abstand von einer Aufgabe oder einer Entscheidung. Mit etwas Abstand und Ruhe kommen wir auf neue Gedanken, können ein Problem noch einmal ganz anders angehen, kommen leichter zu einer guten Lösung, als wenn wir uns nur pausenlos mit einem Problem beschäftigen. Zum anderen erinnert uns die Sabbatruhe an einen ganz wichtigen Punkt: Es liegt nicht ausschließlich an unserer menschlichen Arbeit. Denn mit unseren menschlichen Anstrengungen und Problemlösungsstrategien allein ist es nicht getan. Es kommt entscheidend darauf an, dass Gott selbst seinen Segen auf unser Tun legt, dass er unser Leben und auch die öffentliche Ordnung erhält. Wenn er seine schützende Hand abzieht, sind wir verloren. Diese Demut täte sowohl der politischen Debatte als auch dem Klima in der Gesellschaft insgesamt gut. So heißt es im Buch der Sprüche: „Die Furcht des Herrn ist der Anfang der Erkenntnis.“ (Sprüche 1,8)
Sabbaticals oder Auszeiten vom stressigen (Berufs-)Alltag sind derzeit besonders unter Führungskräften häufiger im Gespräch. Solche längeren Auszeiten sind sicherlich gut und hilfreich. Ich bin aber überzeugt davon, dass gerade der regelmäßige, wöchentliche und für eine Gesellschaft einheitliche Ruhetag – also der Sonntag – sein eigenes Recht und seine eigene Kraft hat. Tragen Sie diese Gedanken gerne weiter – auch auf die höheren Ebenen ihrer Partei – und überlegen Sie gemeinsam, was im Politikbetrieb unbedingt sonntags stattfinden muss und was nicht. Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
(Geistliches Wort beim CDU-Kreisparteitag am 2.3.2024 in Ostbense)
(Geistliches Wort beim CDU-Kreisparteitag am 2.3.2024 in Ostbense)