Der Karfreitag ist ein stiller Feiertag. Diesem Charakter entspricht das gesetzliche Tanzverbot, über das in den Jahren vor Corona immer wieder heftig gestritten wurde: Discos müssen an Karfreitag geschlossen bleiben und auch andere öffentliche Veranstaltungen sind untersagt. Das wurde von vielen Menschen als eine Einschränkung der persönlichen Freiheit empfunden.
Die letzten zwei Jahre der Corona-Pandemie haben diese Diskussion in ein anderes Licht gerückt. Um die Ausbreitung des Corona-Virus zu verlangsamen, wurden uns über einen langen Zeitraum viel schärfere Einschränkungen auferlegt. Dagegen erscheint es fast harmlos, wenn „nur“ an Karfreitag die Discotheken geschlossen bleiben müssen. Seit Anfang April sind die meisten Corona-Beschränkungen wieder aufgehoben. Nach ausgelassenem Feiern ist den meisten Menschen trotzdem nicht zu Mute. Zu erschütternd sind die Nachrichten aus der Ukraine.
Zu den so genannten stillen Feiertagen gehören neben Karfreitag noch Volkstrauertag, Totensonntag und Heiligabend. Auch wenn die Bedeutung von Kirche und christlichem Glauben in der Gesellschaft zurückgeht, behält der stille Charakter dieser Tage eine bleibende Bedeutung. Denn das Leben hält für uns nicht nur die guten und fröhlichen Seiten bereit, sondern mutet uns immer wieder auch schwere Erfahrungen zu: Krankheiten, Leid, Verlust oder Gewalt. Es ist gut, wenn diese dunklen Erfahrungen – auch wenn sie alles andere als angenehm sind – ab und zu und an festgelegten Tagen Zeit und Raum bekommen.
Die Botschaft von Karfreitag ist: Gott hätte die Möglichkeit gehabt, allem Leid aus dem Weg zu gehen. Doch genau das hat er nicht getan. Aus Liebe zu uns Menschen verließ er die Glückseligkeit des Himmels. Als Mensch nahm er das Leben in dieser unserer Welt auf sich – mit allen Höhen und Tiefen. Am Ende seines Lebens wollten seine Feinde ihn aus dem Weg räumen und seine Freunde ließen ihm im Stich. Schließlich wurde er grausam wie ein Schwerverbrecher hingerichtet, obwohl er unschuldig war.
Wenn selbst Gott also die dunklen Seiten des Lebens nicht ausklammert, dann sollten auch wir das nicht tun. Ich wünsche mir deshalb, dass der stille Charakter von Karfreitag erhalten bleibt, auch dann, wenn nach Corona und dem Krieg in der Ukraine hoffentlich wieder bessere Zeiten kommen.