© Jörg Janköster

Gottesdienst als Zukunftsmodell

Sun, 10 Sep 2023 18:57:11 +0000 von Jörg Janköster

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Leserbrief zu Beitrag "10-Uhr-Gottesdienst ist ein Auslaufmodell" (AfH 6.9.2023)

Der „10-Uhr-Gottesdienst ist ein Auslaufmodell“ so titelte der Anzeiger für Harlingerland am 6. September 2023 und zitierte dabei Ralf Meister, den Landesbischof der evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannovers. Als Pastor, der sich zusammen mit vielen Ehrenamtlichen für lebendige Gottesdienste einsetzt, habe ich mich über diese Äußerung meines Landesbischofs sehr geärgert. Denn die meisten Menschen werden eine solche Botschaft verallgemeinern und hören: „der Gottesdienst insgesamt sei ein Auslaufmodell“.

Damit erweist der oberste Kirchenmann seiner Kirche und allen, die sich vor Ort engagieren, einen Bärendienst, auch wenn er das vielleicht nicht beabsichtigt hatte. Es handelt sich auf jeden Fall um eine erhebliche Kommunikationspanne. Weiter wird Ralf Meister zitiert: „Es gibt schon lange eine Glaubwürdigkeitskrise bei den klassischen Formen, in denen wir von Gott erzählen.“ Ich denke dagegen: Das größte Problem bei vielen Gottesdiensten sind nicht in erster Linie die Formen, sondern die Inhalte. Wo es inhaltlich um nichts mehr geht, da interessiert es auch keinen mehr.

In Friedeburg jedenfalls machen wir eine gegenteilige Erfahrung. Der Gottesdienstbesuch ist weiterhin konstant, wenn nicht vielleicht sogar leicht steigend. Und das obwohl (oder vielleicht gerade weil) die meisten Gottesdienste immer noch sonntags um 10:00 Uhr stattfinden.

Ja, es braucht auch neue, zeitgemäße Uhrzeiten und Formate. Darin stimme ich meinem Landesbischof zu. Aber nein, trotzdem ist in jeder Kirchengemeinde eine Konstante nötig, also eine „Uhrzeit“, zu der normalerweise der Gottesdienst stattfindet. Denn eine Konstante bietet Verlässlichkeit und stiftet Gemeinschaft. In den ersten Wochen der Corona-Pandemie, als keine Gottesdienste gefeiert werden durften, haben sich in der Friedeburger Kirche weiterhin um 10:00 Uhr drei Personen zu Andacht und Gebet getroffen. Andere Gemeindemitglieder haben zur gleichen Zeit zu Hause innegehalten. Das hat Gemeinschaft gestiftet, obwohl wir nicht real zusammen waren.

Und nein, digitale Formen, die der Landesbischof ins Feld führt, können niemals ein Ersatz für einen tatsächlich gemeinsam gefeierten Gottesdienst sein. Wir brauchen digitale Formen, um den Zugang zu Kirche, Glaube und Gottesdienst zu erleichtern. Aber das Ziel kirchlichen Handelns muss doch sein, dass Menschen tatsächlich und real zusammenkommen, um gemeinsam die Begegnung mit Gott zu suchen. Das sollte der Bischof einer evangelisch-lutherischen Kirche eigentlich wissen, hat Martin Luther uns doch die „Leiblichkeit“ ist Stammbuch geschrieben. Gott selbst hat schließlich den Menschen nicht nur nette Botschaften aus dem Himmel geschickt, sondern ist tatsächlich und real Mensch geworden. Deshalb ist gerade das Analoge eine große Stärke der Kirche, mit der wir in Zukunft punkten können und punkten werden.
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